Konflikt um die Finanzierung des Rettungsdienstes

In den vergangenen Wochen wurde in den Medien mehrfach über einen landesweiten Konflikt zwischen den Krankenkassen und den Kommunen in NRW zur Finanzierung des Rettungsdienstes berichtet. Auch im Ennepe-Ruhr-Kreis kann dieser Konflikt Auswirkungen auf die künftige Abrechnungspraxis gegenüber Patientinnen und Patienten haben.

Auf dieser Seite stellt der Ennepe-Ruhr-Kreis alle relevanten Informationen zusammen. Die Inhalte werden fortlaufend aktualisiert.

Fragen und Antworten

Gemäß Rettungsgesetz NRW (RettG NRW) ist der Ennepe-Ruhr-Kreis Träger des Rettungsdienstes. Er ist damit verpflichtet, eine bedarfsgerechte rettungsdienstliche Versorgung sicherzustellen.

Zur Finanzierung dieser Aufgabe erhebt der Kreis Gebühren. Grundlage hierfür ist die Gebührensatzung, in der die anrechnungsfähigen Kosten der verschiedenen Bereiche (Rettungsdienst, Notarztwesen, Krankentransport) zusammengeführt werden. Diese Kosten werden durch die Anzahl der Einsätze geteilt und ergeben so den Gebührensatz pro Einsatz. Üblicherweise übernehmen die Krankenkassen diese Kosten. Die Satzung wird anschließend mit den Krankenkassen beraten und vom Kreistag beschlossen.

Die Kostenträger, also die Krankenkassen, verweigern nun allerdings die Anerkennung der Fehlfahrteneinrechnung. Sie berufen sich auf das Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V), § 60, in dem die Übernahme der Fahrkosten geregelt ist. Hier ist eine Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse nur bei einem Transport ins Krankenhaus vorgesehen.

"Die Krankenkasse übernimmt […] die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind." (SGB (V) § 60)

Die Krankenkassen definieren als Fehlfahrt jeden Einsatz, der nicht in einem Transport ins Krankenhaus endet.

Dazu gehören insbesondere:

  1. Einsätze, bei denen Patientinnen und Patienten vor dem Eintreffen des Rettungsdienstes vom Einsatzort entfernt haben.
  2. Einsätze, bei denen sich herausstellt, dass keine Behandlungsbedürftigkeit besteht. („Alarmierung in guter Absicht“).
  3. Einsätze, zu denen aufgrund der Einsatzmeldung vorsorglich ein Rettungsmittel alarmiert wird, ohne dass anschließend ein Transport erfolgt. (z.B.ausgelöste Brandmeldeanlage an einer Schule, größere Einsätze von Feuerwehr oder Polizei).
  4. Einsätze, bei denen der Rettungsdienst böswillig alarmiert wird („Missbräuchliche Alarmierung“).
  5. Einsätze, bei denen eine Behandlung vor Ort ausreicht und ein Transport ins Krankenhaus nicht weiter notwendig ist.
  6. Einsätze, bei denen die Patientin/der Patient den Transport ins Krankenhaus gegen ärztlichen Rat verweigert.
  7. Einsätze, bei denen die Patientin/der Patient am Einsatzort verstirbt.

Während bei den Fällen 1-4 in der Regel keinerlei medizinische Maßnahmen durchgeführt werden, es sich also tatsächlich um eine „Fehlfahrt“ im Wortsinne handelt, werden bei den Fällen 5-7 durchaus medizinische Maßnahmen ergriffen, besonders im Fall 6 häufig sogar sehr umfangreiche Maßnahmen. Nichtsdestotrotz sollen die Kosten für diese Einsätze nach Sichtweise der Kostenträger zukünftig nicht mehr übernommen werden.

Bereits heute können böswillige Alarmierungen nach § 14 Abs. 5 RettG NRW der verursachenden Person in Rechnung gestellt werden.

Bislang haben die Kostenträger, also die Krankenkassen, die Einrechnung der Fehlfahrten gemäß RettG NRW in die Gebührenberechnung mitgetragen. Dies hat sich in diesem Jahr geändert, die Kostenträger verweisen nun auf das SGB V.

Da die Rechtsgrundlagen widersprechend sind, kann das Problem auf Dauer nur durch die Rechtsprechung oder die Gesetzgebung gelöst werden. Kurzfristig hat der Städtetag das Gesundheitsministerium des Landes NRW aufgerufen, in dem Konflikt zu vermitteln und eine Lösung zu finden.

Im Ennepe-Ruhr-Kreis beläuft sich der Betrag für Einsätze aus dem Jahr 2025 auf etwa 5,2 Millionen Euro.

Derzeit rechnet der Ennepe-Ruhr-Kreis den Großteil der Rettungseinsätze direkt mit den Krankenkassen ab. Sollte die Zahlung verweigert werden, könnte es künftig dazu kommen, dass Patientinnen und Patienten Rechnungen über Rettungseinsätze erhalten. Wie diese Abrechnung ausgestaltet wäre, wird aktuell geprüft.

Nein. Der Konflikt betrifft sämtliche Kommunen in Nordrhein-Westfalen und teilweise weitere Bundesländer. Der Städtetag NRW informiert fortlaufend über die Entwicklungen.

Weitere Informationen:
Deutscher Städtetag – Thema Bevölkerungsschutz und Rettungsdienst

Gemäß der Gebührensatzung für den Krankentransport- und Rettungsdienst des Ennepe-Ruhr-Kreises vom 01.07.2025 fallen für den Einsatz

eines Krankentransportwagens (KTW)

807,00 €

eines Rettungstransportwagens (RTW)

1.393,00 €

eines Notarzteinsatzfahrzeugs (NEF)

1.139,00 €

an.

Die steigenden Kosten haben mehrere Ursachen:

  1. Zunehmende Einsatzzahlen
    Die Einsatzzahlen steigen seit Jahren an. Vergleicht man die Rettungswageneinsätze im Ennepe-Ruhr-Kreis von 2019 und 2024, so ist ein Anstieg von etwa 18 Prozent zu verzeichnen. Damit erhöht sich der Bedarf an Fahrzeugen, Ausrüstung und Personal.
  2. Verbesserte Ausrüstung
    Die Medizintechnik schreitet immer weiter voran und ermöglicht so eine immer bessere Versorgung der Patientinnen/Patienten an der Einsatzstelle. Auf den Fahrzeugen finden sich mittlerweile EKG- und Defibrillationsmonitore, Reanimationshilfen, die Anbindung an das Telenotarztsystem und vieles mehr. All dies dient dem Wohle der Patientinnen/Patienten, hat aber seinen Preis.
  3. Höhere Personalkosten
    Durch die Einführung des Berufsbilds „Notfallsanitäterin/Notfallsanitäter“ wurde die Ausbildung deutlich erweitert. Die dreijährige Qualifizierung bindet Personal und erhöht den Personalbedarf insgesamt. Zudem sind Löhne und Sozialabgaben gestiegen.